„Wie sollen wir entscheiden?“ in Organisationsentwicklungsprozessen und Organisationsberatungsprozessen stellt sich diese Frage vor allem Führungskräften regelmäßig. Für die Beantwortung dieser Frage, ist es hilfreich, sich die Logik von Entscheidungen zu vergegenwärtigen. Für eine Entscheidung mangelt es meist weniger an komplexen Entscheidungsmodellen, sondern an Wissen, Können, einem Mandat oder Mut. 

Entscheiden ist oft nicht leicht, obwohl wir es tagtäglich tun.

Ein jeder und eine jede von uns entscheidet tagtäglich, ob als Mutter, Vater, Freund, Freundin, Sohn, Tochter, Mitarbeiterin, Mitarbeiter, Führungskraft oder auch Beraterin und Berater. Bewusst oder unbewusst. Entscheiden heißt in jeder Sekunde des Daseins darüber befinden zu müssen, es im Weiteren so, oder anders zu tun.

Nicht verwunderlich ist es so, dass Entscheidungstragödien, Glücksfälle von Entscheidungen und Entscheidungsstrategien wie Entscheidungsmethoden seit jeher Gegenstände von Belletristik und Fachliteratur sind. Lustvoll treibt uns voyeuristisches Interesse an erfolgreichen und gescheiterten Entscheidungswegen anderer sowie die Hoffnung auf Erlösung von der Entscheidungslast durch Entscheidungsmodelle und darauf aufbauende Entscheidungsverfahren. Allein, wir entscheiden uns jeden Tag in eine prinzipiell offene Zukunft, ob wir wollen oder nicht. Mal bewährt sich eine Entscheidung mal nicht.

Man kann nicht nicht entscheiden (in Anlehnung an Paul Watzlawick)

Entscheiden ist der Normalfall von Leben. Wir haben in jeder Situation eine Vielzahl von Handlungsoptionen, aus denen wir zwangsläufig eine Option auswählen. So kann ich eine lange Hose anziehen oder eine kurze; eine Jeans oder Stoffhose; kann Pasta mit Fleisch essen oder Tomaten; in der Stadt wohnen oder auf dem Land; Bauingenieurwesen oder Architektur studieren; in Selbstständigkeit oder im Angestelltenverhältnis arbeiten; Duzen oder Siezen; mit Martha oder Sabine zusammenleben; oder allein, oder heirate Peter anstatt Sven. In noch kleinteiligerem Rahmen muss ich gar entscheiden, wo ich mich hinsetze; wie ich beginne; welche Worte ich wähle und wie ich den Abschluss gestalte.

In der Regel treffen wir Entscheidungen ohne Probleme intuitiv (!)

Im Alltag fällen wir viele Entscheidungen intuitiv, ohne größere Gedankenanstrengungen. Und das ist gut so. Wären wir doch anders nicht handlungsfähig. Egal aber ob große und kleine Entscheidungen alle Entscheidungen sind vollumfängliche Entscheidungen und folgen der gleichen Logik. Eine Handlungsinstanz, also beispielsweise eine Person, nennen wir sie Herr Schmidt, muss sich angesichts einer gegebenen Anzahl von Handlungsoptionen entscheiden, was sie als nächstes tut, ohne wissen zu können, ob sich die Entscheidung bewährt oder nicht. Ob ihr Handeln gelingt oder scheitert. Wesentlich ist dabei, erstens, dass wir jede Entscheidung in eine offene – nicht schicksalshafte (!) – Zukunft treffen und verantworten und zweitens, dass jede Entscheidung Folgen zeitigt, neue Handlungsoptionen öffnet und damit immer wieder aufs Neue die Notwendigkeit zur Entscheidung evoziert.

Routine und Krise

Nun wären wir erschöpft, handlungs- und lebensunfähig, würden wir uns an jeder Stelle unseres Lebens immer wieder neu entscheiden. Auch wenn wir es prinzipiell könnten (!), tun wir dies selbstredend nicht. Wir bilden stattdessen Routinen aus. Routinen sind unsere inneren, gruppenbezogenen oder organisationalen „Entscheidungsregeln“. Das heißt, vor dem Hintergrund von Handlungsoptionen, an „Weggabelungen“ entscheiden wir uns als Einzelperson, aber auch als Gruppe, Team oder Organisation in der Regel immer ähnlich und nicht immer neu. Wir wiederholen das, was sich mehr oder weniger bewährte und damit Sicherheit bietet. In diesem Sinne sind wir im Normalfall eher bewahrend konservativ als verändernd progressiv – aller guten Wünsche zum Trotz. Wir handeln eher immer gleich als immer anders. Das ist beruhigend und beunruhigend zu gleich und wirft die Frage auf, wie Neues entsteht.

 „Wie kommt Neues in die Welt?“

Neues entsteht in Krisen, wenn Routinen nicht mehr greifen und neue Handlungsoptionen gewählt werden müssen. Der Krisenbegriff ist hier ein pragmatischer. Es sind nicht allein die großen Krisen in der Welt, sondern auch vermeintlich kleine, die Neues ermöglichen. Der Wohnungswechsel, die Ehekrise, die Lernkrise, das schwierige Mitarbeitergespräch, der neue Job, das neue Teammitglied, die neue Führungskraft und so fort. Aber auch ohne manifeste Krise – wir erinnern uns – können wir es an jeder Stelle anders machen als zuvor. Es klingt zu schön, um wahr zu sein. Neues ist immer möglich! Wir müssen „nur“ mutig sein und uns dafür entscheiden. Sicherheit im Sinne von Gewohntem aufgeben und Unsicherheit im Sinne von Neuem wählen.

Typen von Entscheidungshindernissen

Zu wissen, Entscheidungen folgen immer der gleichen Logik, hilft uns lebenspraktisch eher wenig. Der Alltag lehrt, mal fällt entscheiden schwerer, mal leichter. Während wir hier im Handumdrehen eine Entscheidung fällen, zweifeln, zaudern und hadern wir dort. Schieben Entscheidungen auf die lange Bank oder vermeiden sie gar ganz. Wohlwissend, dass wir damit auch entscheiden, nämlich einstweilen nicht zu entscheiden. Wir treffen dann die Entscheidung zur Nichtentscheidung. Im Falle von Entscheidungshindernissen kann es hilfreich sein, sich zu verdeutlichen, mit welchem Typ von Entscheidungen wir es tun haben, was die Entscheidung schwer macht und was oder wer hilfreich wäre, um zu entscheiden. Ohne auf Anspruch auf Vollständigkeit und Trennschärfe, lediglich exemplarisch und spielerisch könnte das wie folgt aussehen:

  • Für eine Entscheidung fehlt Wissen im Sinne von Informationen. In der Folge fällt es schwer, sich ein fundiertes Bild der Lage zu verschaffen, Vor- und Nachteile abzuwägen, Risken einzuschätzen, mögliche Folgen der Entscheidungsoptionen zu eruieren und so fort. Helfen kann hier ganz simpel, aber hochwirksam Wissensbeschaffung. In Organisationsentwicklungsprozessen und im Rahmen von Organisationsberatung wird Mangel an Wissen nicht selten ignoriert oder umgekehrt, als nur vermeintlicher Grund für Entscheidungsunfähigkeit ins Feld geführt. In diesen Fällen empfiehlt sich ein nüchterner und orientierender „Faktencheck“. Aber auch wenn hinreichend Wissen vorliegt, ob sich eine Entscheidung bewährt, bleibt zu einem Mindestmaß offen.
  • Für eine Entscheidung fehlt Können im Sinne von Fertigkeiten. In der Folge fällt es schwer, den Entscheidungsprozess selbst als Entscheidungsprozess zu erkennen und zu gestalten. Es fehlt dann weniger Wissen als vielmehr (Krisen)Erfahrung. Helfen kann hier Austausch und Reflexion mit Peers und Erfahrenen, einholen von (Fremd)Feedback sowie Fortbildung. In der Praxis ist Mangel an Können häufig schwer besprechbar. Verständlicherweise, kratzt er doch mehr oder weniger stark am Selbstbild eines jeden. Surfen aber lernt man nicht zuallererst über Wissen, sondern über Krisen im Tun. Man fällt in die Wellen und probiert es aufs Neue ein wenig anders, immer wieder. Organisationsberatung kann Führungskräfte und Mitarbeiter dabei unterstützen, Krisen zu bewältigen und dabei Krisenfähigkeit zu entwickeln.
  • Für eine Entscheidung fehlt das Mandat im Sinne von Entscheidungskompetenz. In der Folge fällt es schwer, eine Entscheidung zu treffen, weil nicht klar ist, ob sie im eigenen Entscheidungs- und Verantwortungsbereich liegt. Helfen kann hier – ganz naheliegend und doch oft vergessen – die Klärung von Entscheidungs- und Verantwortungsbereichen. In der Praxis wir der eigene Entscheidungs- und Verantwortungsbereich oft für kleiner eingeschätzt, als er tatsächlich ist. Sei es aus Unwissen oder latenter Abwehr von Verantwortungsübernahme. Organisationsberatung unterstützt Führungskräfte und Mitarbeiter dabei Klartext zu sprechen und Entscheidungs- und Verantwortungsbereichen zu klären.
  • Für eine Entscheidung fehlt der Mut. Sicherheit im Sinne der Beibehaltung von Routine wird dann gegenüber Erneuerung prämiert. In diesem Falle ist eigentlich klar, was idealerweise zu tun wäre, allein, ich traue mich nicht. Wenn wir wissen, dass Menschen, Gruppen, Organisationen strukturell eher zur Bewahrung und damit Routine neigen, ist fehlender Mut zur Entscheidung und damit Veränderung nicht verwunderlich, sondern erwartbar. Sich dieser Tatsache bewusst zu werden, kann entlasten und ermutigen zugleich. Ermutigen, laut zu sprechen, Verbündete zu suchen – die es immer gibt – und schließlich zu entscheiden. Angemerkt sei hier, auch für die Entscheidung zu bewahrender Routine und gegen Erneuerung kann Mut gefragt sein. Organisationsberatung unterstützt Führungskräfte und Mitarbeiter dabei mutiger zu handeln.

Organisationsberatung ermuntert Entscheidungsträger zu verantwortungsvollen Entscheidungen.

Insbesondere Führungskräfte sind in der Regel mit besonderen Entscheidungskompetenzen ausgestattet und tragen Verantwortung für mehr oder weniger große Organisationsbereiche. Als kritisch zugewanderter Sparringspartner unterstützt Organisationsberatung Führungskräfte wirksam zu sein und die Frage nach Wissen, Können, Mandat und Mut vorsichtig, aber bestimmt zu stellen. Organisationsberatung geht der Entscheidungsfrage in Organisationsentwicklungsprozessen nicht aus dem Weg, sondern ist Führungskräften und Mitarbeitern dabei behilflich, sie angemessen auf den Tisch zu legen.

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